Panke

Die Panke ist einer der zwölf Flüsse, die durch Berlin fließen. Man vergisst diese Tatsache immer wieder gerne, aber Berlin ist wasserreich, eine der wasserreichsten Städte in Deutschland sogar. 6,7% der Fläche Berlins sind Wasser – mehr Fläche als die Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg zusammen bemessen. 330 km Flüsse, Gräben und Kanäle durchziehen die Stadt, weshalb Berlin auch mehr Brücken als Venedig hat.

20,2 km fließt die Panke durch Berliner Stadtgebiet, von Buch bis nach Mitte. Laufend sollte man die Tour wohl in zwei Etappen teilen, denn es gibt auf der ersten Hälfte vieles rechts und links des Weges zu entdecken. Oder Sie nehmen das Fahrrad und lassen es im Innenstadtbereich immer mal wieder stehen. Wenn es ab Pankow immer ländlicher wird, hat man dann einen klaren Vorteil. Gleich zu Beginn des Weges an der Charité muss man eventuell kurze Umwege in Kauf nehmen und leider ist das Panke-Ufer auch nicht überall durchgängig begehbar. Für welches Fortbewegungsmittel Sie sich auch entscheiden – diese Unternehmung bietet Natur, Historie, Zeitgeschichte und Kultur.

Am Schiffbauerdamm mündet die Panke in die Spree, auch wenn man heutzutage davon nichts mehr sieht. „Am Schiffbauadamm Numma zwee, da fließt de Panke in de Spree.“ Das war in Berlin einst ein geflügeltes Wort. Tempi passati - lediglich eine Spundwand markiert die Stelle heute noch. Die Teilung Berlins sorgte dafür, dass die Südpanke abgesperrt wurde und sie seitdem in den von ihr abzweigenden Schönhauser Graben (Neue Panke oder Nordpanke) fließt und am Nordhafen in den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal mündet. Die Neu- und Wiedergestaltung der Südpanke als Teil der Berliner Stadtnatur sollte 2019 beendet sein. Sie dürfen raten – das Projekt ist allerdings im Verzug.

Gleich oberhalb der Mündung wurde 1867 eine Markthalle gebaut, um die Bewohner der Friedrich-Wilhelm-Stadt zu versorgen. Langer Erfolg war der Markthalle nicht beschieden, obwohl sie sogar flussfrischen Fisch anbieten konnte. Die Fischhändler nutzten den Durchfluss der Panke und einen kleinen dort entstandenen See um ihre Fische direkt aus Netzkästen zu verkaufen. Da die Lebensdauer der Markthalle so gering war, wurde sie nicht einmal als offizielle Berliner Markthalle klassifiziert – weshalb die Central Markthalle, die 1884 in der Nähe des heutigen Alexanderplatzes eröffnet wurde, die Nummer I erhielt. 1873 wurde das Gebäude der Markthalle erstmalig zum Amüsement genutzt und der Markthallen Zirkus eröffnet. Zweiter Besitzer war der damals sehr berühmte Zirkusdirektor Ernst Jacob Renz. Dieser integrierte die Panke durch Wassernummern in seine Vorstellungen. Seit 1891 heißt die angrenzende Straße offiziell Am Zirkus, früher natürlich mit C geschrieben. Als Vorgängerbau des heutigen Friedrichstadtpalastes wurde das Gebäude anschließend unter anderem vom großen Max Reinhardt genutzt und erst 1980 wegen Baufälligkeit geschlossen. Da war die Panke dann aber bereits verrohrt. Und das ist sie an dieser Stelle auch bis heute.

Vom Schiffbauerdamm zur Charité

Am Bertolt-Brecht Platz beginnt unsere Wanderung; ironischerweise steht in direkter Nachbarschaft zum ehemaligen Theater Bert Brechts, dem Berliner Ensemble, eine der teuersten Wohnanlagen Berlins. Brecht sitzt auf seiner Bank, das Monstrum im Rücken, seine Hände oft Rosen geschmückt – wie gut, dass er den Ausverkauf vor seiner Haustüre nicht mehr miterleben muss.

Rechts am Berliner Ensemble vorbei gelangt man über die Straße am Zirkus zur Reinhardtstraße. Hinter dem Hochbunker, der die Sammlung Boros beheimatet, und der ukrainischen Botschaft kommt die Südpanke dann erstmals zum Vorschein, als idyllischer kleiner Lauf, der im Sommer allerdings oft ausgetrocknet ist. Unter Umständen ist der Durchgang hier verschlossen und man muss über Claire-Waldoff-Straße und Philippstraße – Hausnummer 12 stammt übrigens von Carl Gotthard Langhans, dem Erbauer des Brandenburger Tores – zum Universitätsgelände gehen. Die Gebäude auf dem Campus Nord Gelände der Humboldt Universität sehen noch so aus wie zu ihrer Entstehungszeit, sie sind eingebettet in einen parkähnliches Garten, im Hintergrund ragt mächtig das Bettenhaus der Charité empor. Gegenüber dem sogenannten Hexenhaus befindet sich das architektonisch sehenswerte Rhoda-Erdmann-Haus, Teil der Biologischen Fakultät. Namensgeberin Rhoda Erdmann war Biologin, Zellforscherin und Mitbegründerin der experimentellen Zellbiologie in Deutschland. Sie gehörte zu den ersten Promovendinnen, als ab 1900 das Frauenstudium offiziell möglich wurde, und war die erste Frau Deutschlands, die ein wissenschaftliches Institut leitete.

 

Regierung, Kaninchen und Wiedervereinigung

Ab der Hannoverschen Straße ist die Panke wieder verrohrt und taucht erst in der Nähe des Naturkundemuseums wieder auf. Ab dem Schwarzen Weg kann man ihr nun - mit wie bereits erwähnt Ausnahmen - bis nach Buch folgen.

Das Gebäude des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur war ursprünglich - gemeinsam mit dem Gebäude des heutigen Naturkundemuseums - die Königlich Preußische Geologische Landesanstalt. Davor hatte sich auf dem Gelände die Königlich Preußische Eisengießerei, die unter anderem das von Schinkel entworfene Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg goss, befunden. Der Wasserreichtum der Panke machte es möglich.

Am Ende des Schwarzen Weges erreicht man den Südpanke Park, hier beginnt offiziell der Grünzug an der Panke. Rechts befindet sich der imposante Neubau des Bundesnachrichtendienstes mit seinen zwei auffälligen Palmen, die aber wohl entgegen aller anderslautenden Gerüchte keine Abhörtechnik enthalten. Am Ende dieses relativ kurzen, etwas sterilen Abschnittes heißt es kurz Abschied von der Südpanke zu nehmen und über das ehemalige Gelände des Stadions der Weltjugend, wo in den letzten Jahren schicke Townhouses gebaut wurden, und Scharnhorst Straße bis zur Liesenstraße zu laufen. An der Ida-von-Arnim-Straße, benannt nach der Krankenschwester und Oberin des Augusta Hospitals, im Bereich des Bundeswehrkrankenhauses soll bis 2020 der verbleibende Abschnitt begrünt werden und auch hier die Panke freigelegt werden.

An der Ecke Chausseestraße und Liesenstraße beginnt der Grünzug, dem wir nun bis in den Bürgerpark nach Pankow folgen. An dieser Ecke befand sich ab Dezember 1963 der erste Grenzübergang nach Ost-Berlin für West-Berliner. Der Grenzübertritt war, nach dem in zähen Verhandlungen erreichten Passierscheinabkommen, nur für zwei Wochen möglich, wurde aber von knapp 700.000 Berlinern genutzt, um Freunde und Verwandte nach über 2 Jahren wieder zu sehen. Auf der Straße fallen die in den Beton eingelassenen silbernen Kaninchen auf; eine Installation der Künstlerin Karla Sachse, die damit an die alleinigen Bewohner des Mauerstreifens erinnert.

Der Park wurde ab 1950 auf dem ehemaligen Gelände einer Brauerei angelegt, Straßennamensgeber Liese betrieb auf dem Areal bis 1868 ein Ausflugslokal mit Flussbadeanstalt, ganz in der Nähe befinden sich auch die Friedhöfe an der Liesenstraße, wo neben vielen anderen berühmten Berlinern auch Theodor Fontane begraben liegt. Am Eingang der Grünfläche befindet sich das Wiedervereinigungsdenkmal von Hildegard Leest, errichtet 1962; zwei Figuren aus Muschelkalkstein reichen sich über einen imaginären Graben die Hände.

An der Schulzendorfer Straße vereinigt sich die Südpanke mit der Panke. Gut erkennbar die Rechenanlage die den Unrat aus der Panke fischt. Der nun folgende Abschnitt ist nach Walter-Niklitz benannt, einem Mitglied des Abgeordnetenhauses und Baustadtrat des Bezirkes Wedding, der einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Stadtbegrünung legte und bereits 1951 mit Mitteln des Marshall Funds für mehr Grün in Berlin sorgte.

 

Stinke Panke, Wiesenburg und Natur

So luftig und grün wie sich die Anlage heute gibt, war es aber hier natürlich nicht immer. Vor dem Zweiten Weltkrieg standen die Mietskasernen dicht an dicht, die Panke floss durch enge Hinterhöfe, war stark verschmutzt und vor allem muss sie bestialisch gestunken haben. So hieß es im Volksmund dann auch „Wo die Panke mit Gestanke durch den Wedding rinnt, da halten sich die Nasen zu, Mann und Frau und Kind“.

An der Schönwalder Straßenbrücke, erbaut 1883 mit heute noch reich verziertem original Schmuckgeländer, befindet sich ein kleines Wehr , das das erste Mal ein wenig Auflockerung in den ansonsten sehr trägen Flußverlauf bringt. Nach der Gerichtsstraße wird die Panke zunehmend etwas wilder, der Flußverlauf ist nicht mehr nur gerade. Wir wechseln an einer Fußgängerbrücke die Seite, rechts findet sich die Ruine der Wiesenburg.

1868 gründeten Berliner Bürger, unter ihnen Rudolf Virchow, der Industrielle August Albert Borsig und der Meiereigründer Carl Bolle, den Berliner-Asyl-Verein für Obdachlose und eröffnete 1896 an dieser Stelle ein Asyl für 700 Männer. 1907 wurde das Asyl um 400 Schlafplätze für Frauen erweitert. Nach dem liberalen Verständnis des Asylvereins wurde auf christliche Mission verzichtet; das Obdachlosenasyl sorgte sich um die Gesundheit der Bedürftigen, nicht um deren moralische Erziehung, es nahm Menschen auf, ohne nach dem Namen oder dem persönlichen Schicksal zu fragen; die Polizei hatte keinen Zutritt. Rosa Luxemburg, Hans Fallada, Erich Kästner und Kurt Tucholsky kamen zeitweilig in der Wiesenburg unter.

Das Männerasyl wurde 1945 erheblich zerstört, heute stehen nur noch die Umfassungsmauern, abgesehen vom Beamtenwohnhaus, das als Wohngebäude dient. Das Frauenasyl, seit dem Ersten Weltkrieg gewerblich genutzt, blieb erhalten, ist aber inzwischen verwahrlost. Teile des Ensembles werden seit über 20 Jahren von Künstlern, die dort arbeiten und leben, genutzt; auch gewerbliche Mieter sind wieder ansässig. Aber – die wachsende Stadt braucht Wohnraum. Nach langen Auseinandersetzungen baut die stadteigene DeGeWo 120 Wohnungen auf dem Gelände, die Künstler bleiben und bieten weiterhin ein interessantes und abwechslungsreiches Programm.

Vorbei an ehemaligen Gewerbehöfen, wo heute eine Mischnutzung aus Gewerbe und Gastronomie angesiedelt ist, unter anderem die schöne Anita-Berber Bar, benannt nach der legendären Berliner Ikone, gelangt man zu einem Abstieg hinunter zur Panke. Eine kleine Wiese befindet sich hier – ein Stück unberührter Natur mitten in der Stadt. Nun gut, wir sind in Berlin – mit ein bisschen Müll müssen Sie rechnen.

 

Geschichten vom Blutmai und Gerechtigkeit

Durch die Unterquerung der Ringbahn erreicht man die Pankstraße. Auf beiden Seiten kann man der Panke folgen, rechts und links flankiert von Wohnbauten aus der Nachkriegszeit. Hier befinden wir uns übrigens auch im Gebiet des ersten nachweisbaren Siedlungskerns des Wedding. An der Walter-Röber-Brücke an der Wiesenstraße erinnern ein Findling und eine Informations-Stele an den sogenannten Blutmai. Im "Roten Wedding" ereignet sich am 01. Mai 1929 eine der schwersten Schlachten der Weimarer Republik, als Polizisten in der Kösliner Straße auf Arbeiter und unbewaffnete Zivilisten schossen. Der sozialdemokratische Berliner Polizeipräsident Karl Friedrich Zörgiebel hatte ein, bereits im Dezember 1928 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erlassenes Demonstrationsverbot, zu den traditionellen Mai-Kundgebungen nicht aufheben wollen. Die Kommunisten wollten sich ihr Demonstrationsrecht aber nicht nehmen lassen. Die KPD rief dazu auf: „Straße frei für den 1. Mai!“ Tausende KPD-Anhänger zogen ins Stadtzentrum; die Polizei reagierte mit brutaler Härte. Der Wedding, Arbeiterbezirk mit über 40 Prozent KPD-Wählern, war eine der Hochburgen der Kommunisten – 19 Arbeiter starben bei den Protesten. Der Namensgeber der Brücke Walter Röber war übrigens Bezirksbürgermeister des Wedding von 1946-1956, SPD Politiker und Gewerkschafter. 

Weiter Richtung Norden lohnt sich ein Schlenker zur Gottschedstraße - hier befand sich einst die Rotaprint-Fabrik, ein Pionier des Kleinoffsetdruckes. Die Flächen an der Uferstraße gehören der landeseigenen GESOBAU, die Gebäude an der Bornemannstraße stehen unter Denkmalschutz und sind inzwischen als Berliner Kulturdenkmal kategorisiert. Das Ensemble besteht aus Gewerbebauten, errichtet Anfang des 20.ten Jahrhunderts sowie prägnante Bauten der Nachkriegsmoderne.

An der Schönstedtstraße empfiehlt sich ein weiterer kleiner Umweg nach rechts zum Brunnenplatz, im Hobrecht Plan als Platz K gekennzeichnet; mächtig erhebt sich hier das Amtsgericht Wedding. Es wurde 1901-1906 nach den Plänen von Rudolf Mönnich und Paul Thoemer nach dem Vorbild der Albrechtsburg in Meißen im neogotischen Stil errichtet. Das Gebäude ist schmuckvoll verziert mit Giebeln, Erkern und Zinnen. Justitia, über drei Meter groß, die ein Gesetzbuch und einen Schild trägt, keine verbundenen Augen und eine Waage wie allgemein üblich thront über allem. 1988 zerstörten Vandalen die Statue, es dauerte bis 2005 bis sie an ihren Platz zurückkehrte. Und, noch heute kann man das Hakenkreuz im Giebel des Portals erahnen – der Reichsadler mit Eichenkranz wurde 1933 mit Hakenkreuz angebracht. Heute sieht man natürlich nur noch den Reichsadler.

Der Brunnenplatz selbst ist eher „semi“ schön, dennoch inzwischen als Gartendenkmal klassifiziert. Wer nun Lust auf eine Pause hat sollte zurück an der Schönstedtstraße die Straßenseite wechseln und im Café Dujardin oder im Café Pförtner eine Pause machen. Bis Pankow ergibt sich sonst kaum eine schöne Gelegenheit mehr.

 

Von den Uferhallen zur Badstraße

An diesem Abschnitt der Uferstraße erstrecken sich verschiedene Gebäude, die früher von der BVG genutzt wurden; zunächst als Betriebshof der Pferdebahn, später der Straßenbahn. 1929 wurde der langgestreckte, markante Ziegelbau von Architekt Jean Krämer erbaut. Die links der Uferstraße liegenden Werkstatthallen sind unter dem Namen Uferhallen seit 2008 Atelier- und Ausstellungsräume von Künstlern, aber inzwischen gibt es auch eine adidas Football BASE, und auch der Gentrifizierungsdruck ist angekommen. Investoren haben das 19.000 Quadratmeter große Gelände erworben, bis 2020 gibt es ein Moratorium, weitere Entwicklung ungewiss. Gleich am Anfang der Uferhallen befindet sich der wunderbare Pianosalon Christophori, ein Kleinod der Klassik und ein guter Grund, um am Abend wiederzukommen. Im Vorgängerbau des Hauses Uferstraße 2 lebte von 1897 bis 1902 Paul Nipkow, ein Techniker und Erfinder, der mit der sogenannten Nipkow Scheibe ein Wegbereiter des Fernsehens war.

Wählt man die andere Uferseite, führt einen eine nette Promenade auf der Rückseite der Gebäude entlang. Der erste Teil der Promenade ist nach Paul Orth benannt, unter anderem Architekt des Görlitzer Bahnhofs und der Zionskirche.

An der Kreuzung Badstraße zwingt einen die Verkehrsführung kurz weg von der Panke. Bevor man die Straße kreuzt sollte man sich aber die gegenüberliegenden Häuser anschauen. Das linke wurde als Wohnhaus für die Arbeiter der Tresorfabrik Arnheim, 1833 als erste Tresorfabrik Deutschlands von Simon Joel Arnheim gegründet, errichtet. Die Fabrik befindet sich nur ein paar Schritte weiter pankeaufwärts. Daneben die ehemalige Pankemühle, das älteste in der Badstraße erhaltene Gebäude. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts befand sich hier eine Mühle, zunächst eine Wassermühle, später eine Königliche Preußische Papiermühle. Nach dem Bau der Tresorfabrik wurde der Mühlenbetrieb allerdings eingestellt.

Rechts der Panke befindet sich das Luisenhaus, 1892-93 von Carl Galuschki errichtet. Das Gebäude ist vielfarbig verklinkert und aufwändig gestaltet, jedes Stockwerk ist mit unterschiedlichen Ornamenten aus bunten Klinkersteinen geschmückt. Die obersten zwei Etagen sind über flache Wandpfeiler mit Basis und Kapitellen optisch miteinander verbunden.

 

Gesundbrunnen

Namensgebend für die Badstraße und den Ortsteil – Gesundbrunnen – war übrigens die Entdeckung einer eisenhaltigen Quelle im 18. Jahrhundert. Der Apotheker Heinrich Wilhelm Behm errichtete eine Badeanstalt und etablierte, mit königlicher Förderung, einen Kurbetrieb. Der „Friedrichs-Gesundbrunnen“ später Luisenbad genannt, existierte allerdings nicht allzu lange. Unter dem Namen Marienbad wurde ab 1885 an gleicher Stelle ein Amüsierbetrieb mit Bierausschank eröffnet und Gesundbrunnen entwickelte sich zu einem Ausflugs- und Vergnügungsviertel. Zwischen Bad- und Osloer Straße erstreckte sich zu Hochzeiten ein Biergarten mit unfassbaren 30.000 Sitzplätzen!

Die Vergnügungsstätte Marienbad bzw. Teile des Luisenbad sind heute noch erhalten; nachdem in den 1980ern ein Totalabriss verhindert werden konnte, baute der Bezirk bis 1995 durch einen geschickt eingefügten Neubau eine Bibliothek. Den Eingang bildet eine Halle mit neobarocker Fassade, während am verklinkerten Nebengebäude noch die Aufschrift „Kafé Küche“ auf die frühere Nutzung als Vergnügungsort verweist. Der unterirdisch liegende moderne Lesesaal liegt in einem kreisförmigen Neubau. Wer sich den sehenswerten Hof rechts von der Bibliothek anschaut, entdeckt vielleicht auch den Kellereingang, der zu der oben erwähnten Gesundbrunnenquelle führt. Leider kann diese nur zu besonderen Gelegenheiten besichtigt werden.

Hinter der Bibliothek müssen wir uns entscheiden, ob wir über die Brücke auf die andere Panke Seite wechseln, entlang der ehemaligen Tresorfabrik laufen oder den grüneren Bereich wählen. Beide haben ihren Reiz – es ist wohl Geschmackssache. Heute werden die Fabrikräume als Werkstätten für Bildhauer genutzt, denn die Sheddach-Hallen bieten optimale Platz- und Lichtverhältnisse für bildende Künstler.

 

Nach Pankow ist das Ziel

Nach der Überquerung der Osloer Straße mäandert die Panke freundlich vor sich hin, Bänke laden zum Verweilen ein, über den Gotenburger Steg kann man die Flußseite wechseln. Im Haus Stockholmer Straße 29 befand sich das Elternhaus von Harald Juhnke; eine Gedenktafel weist darauf hin. Um die Ecke in der Zechliner Straße erinnert ein Gedenkstein an den Entertainer mit der unverwechselbaren Berliner Schnauze. Die Siedlung trägt den Namen Brunnenhof und wurde ab 1925 vom Architekten Rudolf Maté im Stil der neuen Sachlichkeit entwickelt.

Weiter geht es Richtung Pankow – bis 1920 war hier die Stadtgrenze - entlang dem sogenannten Franzosenbecken, ein Überlaufgebiet der Panke bei Hochwasser. Namenspatronin ist die Französische Hugenottenkirche und deren Kirchhof, der von der Wollankstraße her besucht werden kann. Das nette Areal bietet sich nochmals für eine kleine Pause an, auch um festzustellen wie naturnah Berlin sein kann.

Durch den Bürgerpark

Der Wegführung folgend queren wir die Panke erneut und erreichen die Nordbahnstraße, der wir kurz rechts folgen bis wir links unter den S-Bahn Bögen auf die Wilhelm-Kuhr-Straße treffen und uns links haltend, zum Bürgerpark gelangen. Ausführlich habe ich den Bürgerpark und seine Geschichte im Rundgang Pankow Zentrum I beschrieben. Im schönen Rosengarten-Biergarten bietet sich eine ausführliche Rast an. Wer bisher alles gelaufen ist, sollte die Tour hier eventuell unterbrechen. Denn bis nach Buch ist es noch ein langer Weg – circa 11 Kilometer um genau zu sein – und je mehr wir aus der Stadt herauskommen, um so naturnaher wird die Gegend.

Gut gestärkt und erholt folgen wir der Panke aus dem Bürgerpark heraus, machen aber vorher noch einen kurzen Abstecher zum Denkmal für den tschechischen Schriftsteller Julius Fučik, einem Schriftsteller, Kulturpolitiker und Widerstandskämpfer, der 1943 in Plötzensee hingerichtet wurde, nachdem ihn der grauenhafte Robert Freisler zum Tode verurteilt hatte.

 

Schlosspark Niederschönhausen

Leider müssen wir nun erneut ein kurzes Stück des Weges auf die Panke verzichten, folgen aber der Parkstraße und der Elisabeth Straße bis zum Schlosspark Schönhausen, wo wir sie wieder treffen. Alternativ kann man auch über den Majakowskiring zum Schlosspark gelangen.

Im Jahr 1662 ließ Gräfin Dohna, die im selben Jahr die weit vor den Toren der Stadt liegenden Ländereien erworben hatte, einen ersten Landschaftsgarten anlegen. Im Rundgang Pankow Zentrum II habe ich ausführlicher die Geschichte des Schlosses und des Gartens beschrieben. Die heutige Ausgestaltung verdanken wir, wie so viele wunderbare Orte in Berlin, dem einzigartigen Peter Josef Lennè, unter dessen Federführung in den Jahren 1829-31 die Umgestaltung und Erweiterung zum Landschaftspark erfolgte. Die Mauer, die den direkt am Schloss gelegenen Parkteil begrenzt, wurde 1949 errichtet, als das Schloss Sitz des ersten Staatspräsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, und später Gästehaus der Regierung der DDR wurde.

Lennè bezog in seine Gestaltung die Panke und die sie umgebenden Bauernwiesen mit ein. Er ließ den Park im Stile eines englischen Landschaftsgartens anlegen. Auch heute noch kann man entlang der zahlreichen geschwungenen Wege dem Lauf der Panke folgen und den wunderbaren Bestand an alten Kastanien, Akazien und Eichen bewundern, die wie durch ein Wunder Krieg und Nachkriegsnot überstanden haben. Der Schlosspark ist ein Kleinod; selbst an heißen Sommertagen findet sich immer ein ruhiger Flecken, die Panke windet sich durchs Gelände mit ihren naturbelassenen Nebenarmen und Überlaufflächen. Am Ausgang des Schlossparks heißt es erneut kurzzeitig Abschied nehmen vom Flüsschen – eine Kleingartenanlage und Wohnbebauung verhindern ein direktes Weiterlaufen, weshalb wir der Schloßallee zur Pasewalker Straße folgen.

Von Pankow zu den Karower Teichen

Am Autobahnzubringer Pankow wird es kurzzeitig laut und unromantisch – ein Déjà-vu mit der Wirklichkeit. Wir folgen den Ausschilderungen nach Blankenburg und gelangen zur Blankenburger Flur. Die Panke ist hier eingekeilt von einem Gewerbegebiet und der Autobahn – das kleine Flüsschen kann sich aber zugutehalten, dass sein Lauf die Streckenführung der Autobahn bestimmte. Ab den Karpfenteichen, nur für Angler, wird die Szenerie wieder naturnah, die Bebauung auf der anderen Uferseite wird durch Einfamilienhäuser aufgelockert. Am Pankespielplatz kann man im Café Wiesenbaude einen netten Stopp bei selbstgebackenem Kuchen einlegen.

Am Pankebecken beginnt der Nordgraben, der die Panke mit dem Tegeler See verbindet. Das Regulierungswehr erinnert daran, dass der Graben als Regenwasservorfluter gebaut wurde, um den Wasserstand der Panke besser regulieren zu können.

Weiter der Panke folgend, bald auf unbefestigtem aber auch gut mit dem Fahrrad zu nutzenden Weg, erreicht man die Fußgänger- und Fahrradquerung kurz vor Karow, der man auf die andere Seite der Panke folgt. Kurze Zeit später erreicht man in der Karower Flur das Naturschutzgebiet der Karower Teiche. Hier lohnt sich ein Abstecher ganz unbedingt, vor allem - aber nicht nur - für Menschen, die ornithologische Begeisterung haben. 90 von 151 Brutvogelarten, die in Berlin heimisch sind, sind hier zu finden, darunter einige bedrohte Spezies wie Schwarzstorch oder Rohrweihe, auch für Kröten und Frösche ist das Areal Lebensraum. Darüber hinaus ist das Gebiet ein wichtiges Rastgebiet für Zugvögel.

Zwei der insgesamt vier Karower Teiche entstanden im 19. Jahrhundert durch Torfaushub, die beiden anderen wurden als Fischerteiche ausgehoben. Allerdings entstanden fast zeitgleich auch die Rieselfelder an den Stadträndern Berlins, auf die die ungeklärten Abwässer der Stadt gepumpt wurden. Da die Karower Teiche zur Entwässerung der Rieselfelder genutzt wurden, musste auf Grund der schlechten Wasserqualität die Fischwirtschaft bald wieder eingestellt werden.

Das Naturschutzgebiet ermöglicht ein außergewöhnliches Erlebnis. Zur Beobachtung gibt es mehrere Aussichtsplattformen. Die vier Teiche im Zentrum des Gebietes sind umgeben von Wald- und Wiesenflächen, die von englischen Parkrindern beweidet werden. Ein Platz der die Sinne betört.

 

Schlosspark Buch

Nach diesem wunderbaren Umweg nehmen wir den letzten Teil unseres Ausflugs in Angriff - der Schlosspark in Buch wartet auf uns! Entlang der S-Bahn Trasse gelangen wir nach Buch – wieder einmal müssen wir kurz Abschied nehmen vom direkten Flanieren an der Panke. Am S-Bahnhof folgen wir der Ausschilderung zum Schlosspark und treffen hier wieder auf den Fluss. Der Schlosspark ist ein Naturschutzgebiet und besitzt darüber hinaus den Status eines Gartendenkmals.

1670 wurde der Park vom Freiherr von Pölnitz auf dem vormaligen Hofgarten von Gut Buch angelegt und 1813 von Otto von Voß, Gutsherr in Buch, zum offenen Landschaftspark umgestaltet. Die Panke durchfloss in Kanälen die Alleen von Buchen und Linden. 1898 verkaufte die Familie von Voß Schloss und Park an die Stadt Berlin, die den Schlosspark ab 1907 der Öffentlichkeit zugänglich machte. Die Panke fließt in ihrem naturbelassenen Bett durch den westlichen Teil des Parks, begleitet vom Pankewanderweg. Falls Sie nun das Schloss suchen – dies wurde 1964 aus Gleichgültigkeit und Willkür gesprengt, die Orangerie wurde bereits 1955 zerstört. Und das obwohl beide Gebäude den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatten und das Schloss sogar von 1899 bis 1920 den Oberbürgermeistern von Berlin als Sommerresidenz gedient hatte. Einzig die Schlosskirche ist heute noch im Original erhalten; diese bildet allerdings auf Grund ihrer Pracht eine Ausnahme unter den Dorfkirchen in Berlin und Brandenburg und ist eine der wenigen noch erhaltenen Barockkirchen Berlins.

Am Ende des Schlossparks durchquert die Panke das Feuchtgebiet der Pölnitzwiesen, eine Auenlandschaft, die es der Panke ermöglicht, sich bei Hochwasser auszudehnen. Nicht mehr weit und bei Röntgental erreicht die Panke Brandenburg und wir das Ende unserer Wanderung. Der S-Bahnhof Röntgental ist nicht weit oder man nimmt mit dem Fahrrad den gleichen Weg wieder zurück. Wer will, erkundet natürlich noch Buch – ich habe mir das für einen zweiten Ausflug aufgehoben.

Panke – Mitte - Pankow - Blakenburg - Karow - Buch / S1 - S2 - S25 - S26 - U6 Friedrichstraße - S2 Röntgental. Länge der Wanderung ohne Schleifen ca. 20km / festes Schuhwerk empfohlen.

 

 

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