Berlin aus der Vogelschau – Übersichten und Einblicke in die Geschichte der Stadt

Die Entwicklung Berlins vom 12ten bis zum 21sten Jahrhundert dargestellt aus einem ganz besonderen Blickwinkel – von oben, wie der Titel schon sagt - aus der Vogelschau, das ist der Fokus dieses außergewöhnlichen Bildbandes, den Ulrich Giersch in der Edition Panorama Berlin herausgegeben hat. Die Edition Panorama Berlin ist der hauseigene Verlag der Bien & Giersch Projektagentur GmbH Berlin, der spezialisiert ist auf Orientierungskarten von Berlin und Potsdam, vorwiegend in Form von Vogelschauzeichnungen, Perspektivkarten, 3-D-Karten oder Luftbildplänen. Höchste Qualität der Abbildungen und Pläne ist also garantiert. 

 

Die Vogelschau ermöglicht eine spezielle Perspektive in den Raum und bietet dabei ein Maximum an Übersicht und Einblick. Darüber hinaus bietet sie aber auch atmosphärische Einsichten, denn sie zeigt Menschen und Tiere, zu Lande oder zu Wasser und macht die Stadt dadurch plastisch erlebbar. Vor allem die Pläne ab der Zeit der Industrialisierung mit den rauchenden Schloten der neu entstandenen Fabriken, die man förmlich zu riechen glaubt, zeigen eindrucksvoll wie sich – technische – Entwicklungen auf das Leben der Berliner auswirkten.  

 

Der älteste Plan von Berlin ist der 1652 von Johann Gregor Memhardt im Merian Verlag erschienene „Grundriss der Beyden Churf. Residentz Stätte Berlin und Cölln an der Spree“.  Memhardt, in Linz geboren und in den Niederlanden als Festungsbauer ausgebildet, arbeitet seit Ende der 1630er Jahre für Kurfürst Georg Wilhelm. Für den Großen Kurfürsten entwickelte er die Fortifikation um die Doppelstadt – ein Erbe des 30-jährigen Krieges. Alle Pläne, die Berlin vor dieser Zeit zeigen, sind im 19ten oder 20sten Jahrhundert entstanden, was sie aber natürlich nicht weniger interessant oder authentisch macht.             

 

Vom Mittelalter über die planmäßigen Stadterweiterungen mit Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt mit den Wallgräben und später der Akzisemauer, gelangt der Leser ins 19. Jahrhundert, dem das Buch die größte Bandbreite widmet, was stimmig ist, denn Berlin veränderte sich in dieser Zeit signifikanter als in den Jahrhunderten davor. Die wunderschönen Pläne von Robert Meinhardt von 1871 oder ein Plan von 1900 mit brillianten Licht- und Farbwirkungen, aber auch die etwas neblig wirkende Lithografie von Loeillots von 1846 lassen den Leser eintauchen in das Berlin der jeweiligen Zeit. Auf den ersten Stichen oder Lithografien tauchen zudem in der Ferne Charlottenburg, Schöneberg und Wilmersdorf auf – die Nachbarorte wachsen ebenfalls und langsam wächst die Stadt zusammen.    

 

Jeder Plan wird von einem renommierten Historiker besprochen und einzelne Komponenten der Darstellung beziehungsweise bestimmte Gebäude herausgegriffen und vertieft dargestellt sowie auf die städtebaulichen Veränderungen eingegangen.

     

Eindrucksvoll sind auch die „Drei Vogelschau – Ansichten 1928“  von Theres Weishappel, die den Band mitentwickelt und gestaltet hat. Sie stellen Berlin Mitte, Rund um den Potsdamer Platz und Rund um den Hamburger Bahnhof vor und erlauben dem Betrachter ein plastisches Versinken in die Stadt und ihre Bauwerke; und die Details der Bauten oder Plätze sind so präzise, dass ich mit einer Fotografie des Weishappel Plans auf meinem Handy zum ersten Mal die genaue Lage des – verschwundenen – Wilhelmplatzes realisiert habe. Auch die Siegesallee und ihre Ensembles, die heute in der Zitadelle Spandau zu sehen sind, sind mir erst durch die Betrachtung dieser Pläne so richtig ins Bewusstsein gekommen.      

 

Die Luftbilder Berlins in den 1950er Jahren zeigen die Wunden, die Krieg und Teilung der Stadt zugefügt haben, während die Luftbilder aus den 1990er Jahren die rasante Hauptstadt-Werdung und die enormen Veränderungen aufzeigen, die Berlin nach der Wiedervereinigung durchlaufen hat. Der letzte Plan im Buch ist schließlich ist ein 3-D Stadtmodell, welches sich Berlin 2020++ widmet und einen Ausblick auf die sich weiter verändernde Stadt bietet.

 

Ein großartiger Band, den man gerne immer wieder zur Hand nimmt um zu entdecken, was Bestand hatte oder was verschwunden ist. Mir sind bei der Lektüre zum ersten Mal die Böhmische Kirche – auch Bethlehemskirche genannt - und die Dreifaltigkeitskirche aufgefallen, beide im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und in Ost Berlin liegend später abgetragen. Das Pflastermosaik vor der Nordkoreanischen Botschaft in der Mauerstraße und die Installation am Bethlehemskirchplatz haben seitdem eine Bedeutung für mich.    

 

Ulrich Giersch (Hg) Berlin aus der Vogelschau │ Übersichten und Einblicke in die Geschichte der Stadt / 160  Seiten / Fadenheftung mit Lay-Flat-Bindung / Edition Panorama Berlin / ISBN 978-3-938753-61-3 / 29,80 Euro

 

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