In den Weddinger Uferhallen befindet sich der Piano Salon Christophori; eine Werkstatt, in der Flügel, vor allem historische Hammerflügel, restauriert werden; aber auch ein Ort, an dem Kammermusik gemacht wird. Und zwar auf höchstem Niveau.
Namensgeber ist Bartolomeo di Francesco Cristofori, geboren 1655 in Padua, gestorben 1731 in Florenz, der um 1709 in Florenz das erste Hammerklavier entwickelte. Mittels eines Hammers wurde eine Stoßzunge gegen die Saite geschleudert und gab sie somit sofort zum Schwingen frei. Eine bahnbrechende Neuerung ihrer Zeit.
Der Berliner Christophori führt im Wedding die Tradition der Maison Erard oder der Salle Pleyel fort, jenen legendären Pariser Piano Salons, die der gleichnamigen Klaviermanufaktur angeschlossen
waren. Pleyel eröffnete 1832 mit Chopin und Clara Wieck - alle pianistischen Größen ihrer Zeit traten in diesen Salons auf. Und diesen Anspruch hat
und erfüllt man auch hier; wenn auch inzwischen nicht mehr nur Pianisten Konzerte geben, sondern auch Streicher, Bläser und Sänger regelmäßig neben dem Piano ihr Können darbieten.
Der Raum in dem die Hammerklaviere restauriert werden und die Konzerte stattfinden ist eine ehemalige Motorenbauhalle der BVG. Auf einem Podest reiht sich Flügel an Flügel, moderne Kunst an den
Wänden, Kronleuchter hängen von den Decken und dazwischen Stehlampen, die man noch von den Wohnzimmern der Großeltern kennt. Im Halbrund um das Podest die Stuhlreihen, insgesamt 15.
Pianosalon-Profis wissen um die gewisse Unbequemlichkeit, wenn man nicht eines der dicken roten Kissen erwischt hat, und bringen sich ihre eigene Sitzunterlage mit. Das Publikum ist erstaunlich
heterogen; im Vergleich zu den etablierten Konzertsälen der Stadt sind viele junge Zuhörer unter den Gästen.
Fanden am Anfang nur alle 2-3 Wochen Kammermusikabende statt, kann man inzwischen fast jeden Abend bei Christophori Musik genießen. Online reserviert man sich die Anzahl der Plätze und erhält am Eingang die Information in welcher Reihe man sitzt. Auf den Stühlen findet man dann seinen Namen. Wer regelmäßig die Konzerte besucht, rückt sukzessive in der Reihen- und Sitzvergabe nach vorne. Wer ohne Storno nicht erscheint, beginnt bei der Sitzvergabe wieder ganz von vorne. Man erhört sich also seinen Platz in den ersten Reihen. Auch die Bezahlung ist bei den meisten Konzerten, inzwischen von der Bitte um freiwillige Beteiligung an den Kosten des Abends hin zu einem festen Eintrittspreis – zwischen EUR 20,-- bis EUR 25,-- pro Person, gewechselt. Um die Salonatmosphäre zu unterstreichen ist im Eintritt Wein, Bier und Wasser inkludiert, nur das Rauchen ist mittlerweile nicht mehr gestattet.
Bis heute treten hauptsächlich junge Solisten, die noch am Beginn ihrer Karriere stehen, im Pianosalon auf. Inzwischen sind die Auftritte in den Uferhallen bei Musikern aber so gefragt, dass rund
80 Prozent der Anfragen für Auftritte abgelehnt werden müssen. Die ganz spezielle Atmosphäre überträgt sich auch auf die Künstler. Denn durch die vergleichsweise Kleinheit der Halle sind
Auftretende und Zuhörer sehr nah beieinander. Jedes Umblättern der Noten ist greifbar. Hier lauscht man gebannt und lässt sich auf die Musik ein, denn Besucher kommen nicht hierher wegen des
Prestiges, sondern wegen der Kunst. Selten habe ich in einem Konzert solche Ruhe und Andacht erlebt. Relativ wenig Gewisper, kein sterbender Schwan auf den Rängen, der sich das zehnte
Hustenbonbon in den Mund schiebt, nachdem er es in der pianissimo Passage geräuschvoll ausgepackt hat. Stattdessen Respekt vor den Künstlern und ihrem Können, ihrer Leidenschaft und ihrem
Talent.
Christophori ist ein sehr urbaner Ort für Menschen, die klassische Musik lieben. Ein Kleinod, wie es das eigentlich nur in Berlin geben kann.
Uferstraße 8 – Wedding / www.konzertfluegel.com / U9 Nauener Platz – U8 Pankstraße – Bus M27 Brunnenplatz
In der Nähe : Cafè Dujardin / Panke / Rundgang durch das Viertel am Leopoldplatz
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